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auch einen schnellen Tod. Hat die präbiotische Phase auch nur im
Entferntesten der Situation geglichen, die Haldane und Oparin im
Sinn hatten, dann gab es keinen freien Sauerstoff. Urey entschied
sich also für eine Mischung aus Methan, Wasserstoff und
Ammoniak.
Als seinen Assistenten für das Experiment engagierte er Stanley
Miller, einen aufgeweckten jungen Studenten von der Universität
Chicago. Miller begann damit, eine Glasflasche mit den
ausgewählten Gasen zu füllen und etwas Wasser hinzuzufügen.
Dann versiegelte er das Ganze und jagte einen elektrischen
Funken durch die Mixtur, der einen Gewitterblitz simulieren
sollte. Für eine Woche konnte er dann gespannt beobachten, wie
das Wasser, das in seinem Apparat zirkulierte, sich langsam
rotbraun färbte. Miller war überglücklich. Anscheinend hatte er es
mit diesem einfachen Experiment geschafft, so etwas wie eine
Ursuppe zu produzieren. In seiner Analyse der Flüssigkeit fand er
sogleich mehrere organische Chemikalien: Aminosäuren, die
Bausteine der Proteine, einer der Grundstoffe allen irdischen
Lebens.
Millers faszinierende Ergebnisse wurden allgemein als der erste
Schritt zum «Leben im Reagenzglas» gefeiert. Konnte man
Aminosäuren in einer Woche produzieren, was würde dann erst
geschehen, wenn man das Experiment viel länger laufen ließe?
Man dachte, es wäre nur eine Frage der Zeit, bis irgendetwas aus
der rotbraunen Brühe gekrochen käme. Viele Wissenschaftler
zogen den Schluss, dass ein paar gewöhnliche Chemikalien und
eine Energiezufuhr alles war, was man brauchte, um Leben zu
erschaffen.
Leider erwies sich die Euphorie über das Miller-Urey-
Experiment jedoch als etwas voreilig, und zwar aus mehreren
Gründen. Zunächst einmal glauben die Geologen heute nicht
mehr, die frühe Erdatmosphäre sei so zusammengesetzt gewesen
wie die Gasmischung in Millers Flasche. Im Laufe der ersten
Milliarde Jahre hatte die Erde wahrscheinlich nacheinander
mehrere verschiedene Atmosphären, in denen Methan und
Ammoniak wahrscheinlich nie einen nennenswerten Anteil
gestellt haben. Und wenn die Erde einmal große Mengen
Wasserstoff in ihrer Atmosphäre gehabt hat, dann nie für lange:
Als leichtes Element wäre der Wasserstoff bald in den Weltraum
entwichen. Urey dagegen hatte seine Gase gerade deshalb
ausgewählt, weil sie alle Wasserstoff enthalten. Chemiker nennen
solche Gase Reduktionsmittel. Reduktion ist das Gegenteil von
Oxidation, und da organische Moleküle wasserstoffreich sind,
kann nur eine reduzierende Atmosphäre sie hervorbringen. Heute
hält man es jedoch für wahrscheinlicher, dass die frühe
Erdatmosphäre weder ein Reduktions- noch ein Oxidationsmittel
war, sondern eine neutrale Mischung von Kohlendioxid und
Stickstoff, zwei Gasen, welche die Bildung von Aminosäuren
nicht ohne weiteres begünstigen.
Der zweite Grund, weshalb man an der Bedeutung des Miller-
Urey-Experiments zu zweifeln begann, war die Entdeckung, dass
es keineswegs schwer ist, Aminosäuren zu produzieren. Es gelang
auch mit Versuchsanordnungen, die vollkommen anders aussahen
als die in Chicago. Den elektrischen Funken als Energiequelle
konnte man durch einen Brennofen, eine Ultraviolettlampe, durch
Schockwellen oder energiereiche Chemikalienmixturen ersetzen.
Wie sich zeigte, entstehen Aminosäuren fast von selbst. Man
findet sie sogar in Meteoriten und in den Tiefen des Weltraums.
Und schließlich gibt es auch einen begrifflichen Grund, weshalb
das Miller-Urey-Experiment nicht mehr den Status genießt, den
es einmal innehatte. Man darf nämlich nicht annehmen, der Weg
zum Leben sei wie eine Produktionsstraße, die von einer
bestimmten Chemikaliensuppe unausweichlich zu lebenden
Organismen führt. Aminosäuren mögen die Bausteine der
Proteine sein, doch zwischen Bausteinen und einer fertigen
Struktur besteht ein himmelweiter Unterschied. Ein Haufen
Backsteine stellt noch lange kein Haus dar, und von Aminosäuren
zu den großen, spezialisierten Proteinmolekülen, die das Leben
erfordert, ist es ein sehr weiter Weg.
Für die Entwicklung von Leben in einer Ursuppe gibt es zwei
wesentliche Hindernisse. Zunächst ist eine solche Brühe allem
Ermessen nach zu dünn, als dass sie viel hervorbringen könnte. In
Haldanes Urozean kämen die richtigen Komponenten kaum
jemals zur selben Zeit am selben Ort zusammen. Ohne einen
Mechanismus, der den Chemikalien zu einer höheren
Konzentration verhilft, erscheint die Bildung komplexerer
Substanzen jenseits der Aminosäuren zum Scheitern verurteilt.
Man kam also auf viele phantasievolle Ideen, das Gebräu
anzureichern. Zum Beispiel könnte Darwins warmer Tümpel
allmählich verdunstet sein, so dass ein kräftiger Schleim
zurückblieb. Oder mineralische Oberflächen, wie etwa Ton,
könnten aus einem flüssigen Medium einsickernde Chemikalien
aufgefangen und in sich konzentriert haben. Ob irgendetwas
davon realistisch ist, weiß kein Mensch.
In der Erdkruste ist jedenfalls nichts zu finden, was an eine
Ursuppe erinnert und einen Anhaltspunkt liefern könnte.
Das andere Problem ist noch grundsätzlicherer Natur und hängt
mit dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zusammen. Wie
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